Klarnamenpflicht im Netz? Ohne mich!

von db

Im Gegenteil zum Thema Facebookfreundschaften zwischen Lehrern und Schülern ist es mir möglich beim Thema Klarnamenpflicht im Netz einen klaren Standpunkt auszuformulieren.
Ich bin dagegen.
Warum ich dagegen bin?
Die wohl wichtigste meinem Standpunkt zugrundeliegende Überlegung ist diese, dass das Internet meines Erachtens einen anarchistischen Raum (genauer eine anarchistische Öffentlichkeit) darstellt.
Zwar bemühen sich die weltlichen Institutionen schon seit geraumer Zeit die weltlichen/ staatlich einheitlichen Gesetze auch im Netz durchzusetzen, doch scheint dies viel schwieriger als gedacht.
Anonymität bedeutet gleichsam Selbstschutz. Diese Anonymität ist nicht länger gegeben, wenn mein virtuelles Alter Ego problemlos mit meiner physisch sozialen Identität verknüpft werden kann.
Genau diesen Anspruch hat nun aber leider beispielsweise Facebook durch seine eigene Beschaffenheit implizit formuliert.
Wie Guido Brombach treffend in der zweiten Online-Session ausführte, funktioniert die Idee eines sozialen Netzwerkes nur bedingt, wenn man nicht bereit ist einen Klarnamen zu verwenden.
Anhand des von ihm vorgestellten Offlinespiels wird treffend illustriert, dass Social Media immer besser funktioniert, je mehr man von sich selbst preisgibt.
Dieses Dilemma existierte vor dem Triumphzug der sozialen Medien in diesem Ausmaß nicht.
Es ist ein Dilemma, welches uns alle in eine missliche Lage zwischen Sicherheit und Bequemlichkeit, Integration und Extegration befördert.
Ein solches Dilemma war in der analogen Zeit noch Künstlern und Schöpfern vorbehalten.
Wieviel will ich von mir preisgeben, wie stark will ich mich inszenieren, um wahrgenommen zu werden?
Diese Frage stellt sich mittlerweile allen Nutzern von Sozialen Medien, allen Schauspielern im virtuellen Raum.
Spinnen wir diesen Gedanken weiter, so könnten wir gewagt formulieren, dass wir selbst zu dem Kunstwerk geworden sind, für welches sich die Schöpfer früher in die Öffentlichkeit werfen mussten, um es sichtbar zu machen.
 
In einem Punkt muss ich allerdings meine Argumentation über das Thema Facebookfreundschaften zwischen Lehrern und Schülern wieder aufgreifen, wenn nicht gar wiederholen. Klarnamen sollten weder verboten noch verpflichtend sein. Jedenfalls nicht in einem Netz, welches so aufgestellt ist, wie dieses, das wir heute vor uns haben.
Zu diesem Schluss kommt auch Franziska Bravo Roger in ihrem Blogbeitrag: http://www.webstyle.com/die-leidige-frage-echte-identit%C3%A4t-oder-decknamen-im-netz
Im Gegensatz zu zu mir, wägt sie aber ebenso ausführlich die (vermeintlich) positiven Vorteile eines Klarnamens im Netz ab.
Ich war schon immer eher der sichere Typ. Das Gegenteil eines Risikofreudigen Exzentrikers. Für solche Persönlichkeiten mag ein Pseudonym im Netz gar keine Alternative darstellen. Im Endeffekt sind wir aber wohl alle besser damit beraten, selbst über unser Auftreten im Netz zu entscheiden.
Ich schließe mich vollends der Argumentation von Jakob Steinschaden an, welcher den teilweise doch sehr respektlosen Umgang im virtuellen Raum anspricht, zu dem Schluss kommt, dass dieser durch eine Klarnamenpflicht auch nicht verbessert werden könne und auch endlich offen über die individualisierten Werbeinteressen großer Konzerne spricht.
Plädoyer für Pseudonyme von Jakob Steinschaden alias Sirocco: http://digitalsirocco.tumblr.com/post/29186696068/plaedoyer-fuer-pseudonyme-warum-echte-namen-die
Dies ist einer der Punkte, welcher mich auf vielen verschiedenen Ebenen abstößt und erschreckt.
Dass ich persönlich mit meiner Aversion gegenüber Klarnamen im Internet keine Ausnahme darstelle, zeigt die folgende Umfrage des bekannten Computermagazins Chip vom 17.10.2012: http://www.chip.de/news/Facebook-Umfrage-Klarname-oder-Pseudonym_58016213.htmlIn aller Kürze: Klarnamenpflicht für mich? Nein, danke!